Saturday, October 30, 2010

Namaste aus Nepal

Wahre Geschichten vom einfachen Leben in Nepal
Von Blumenkindern, kleinen Göttinnen und dem Glück : ) Von einer großen kleinen Revolution in einem kleinen großen von der Welt fast nicht beachteten Land, von Misha und ihrem Büffel, den sie liebt, weil sie ihn braucht und einer abenteuerlichen Busfahrt gaanz oben auf dem Dach (…der Welt ; )
Ort: Kathmandu, Nepal. - Zeit: Fünf Uhr nachmittags, nach der Arbeit. Büffelwäsche am Bagmati-Fluß im Zentrum Kathmandus. Ein zehnjähriges Mädchen steht breitbeinig vor einem Wasserbüffel. Hin und wieder schaufelt es mit beiden Händen Wasser über das Büffelgesicht. Minutenlang. Dann watet das Kind zum Ufer und rupft ein paar Grasbüschel aus dem Schlamm. Der Büffel-Bulle suhlt sich derweil im seichten Fluß.

Das Mädchen, sie heißt Misha, kommt zurück und schrubbt zärtlich Nacken, Stirn und Wangen des Tieres. Dann rubbelt sie fester an den Backenknochen, sanft am Mund. Der Büffel öffnet langsam das Maul einen Spalt weit. Weiche Wassergüsse benetzen nun die geschlossenen Augenlider, die Brauen, die Stirn, die Ohren, den Nacken, den Hals. Dann kniet Misha sich auf die linke Schulter des Tieres und reibt Flöhe, Zecken und eingetrockneten Dreck aus der Haut des mächtigen Büffel-Bullen.

Jetzt setzt sie sich rittlings auf den Büffelrücken, walgt und knetet ihn und rutscht dabei - nach und nach - weiter nach hinten, scheuert und schabt, streichelt und massiert das gewaltige Tier mit Händen und Füßen. Mit einer Hand streichelt sie schließlich sanft seine Lippen. Der Büffel-Bulle scheint dies mit all´ seinen Sinnen zu genießen. Für ihn ist es das erhol-same Ende eines langen Arbeitstages in den Reisfeldern des fruchtbaren und immergrünen Kathmandutals an den Füßen der höchsten Berge der Welt, des Himalaja. Diese sanfte Prozedur dauert etwa eine Stunde. - Später erzählt Misha, daß sie den Büffel liebe. Sie liebe den Gott in ihm. Sie liebe ihn, weil sie ihn brauche. - Ohne Büffel keine Reisernte, ohne Reisernte keine Rupees, ohne Rupees kein Gemüse, keine Hühner, keine Ziege, keine Schokolade, kein khoshi - also kein Glück. Dann lacht sie selbstbewußt und keck zu uns herüber und ihre Zähne strahlen mit dem Eis der Achttausender um die Wette. Namaste! Ich grüße die Göttin und den Gott in Dir.

Mehr von Rolf Schmelzer alias Tom Traveller steht hier bei INEDITUM (www.ineditum.com), das nach einer kollektiven Lesung auf der Frankfurter Buchmesse im Oktober 2007 entstand:

http://www.ineditum.com/wp-content/uploads/2007/10/rolf-ineditum-2008.pdf